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„Wir sind auf einem sehr guten Kurs.“

Fast drei Jahre Pandemie, fast drei Jahre Management einer unvorhersehbaren Krise. Trotzdem weist alles in Richtung Wachstum. Stefan Leitz, Vorstandsvorsitzender, zieht im Interview Bilanz, welche Erfolge die ersten Maßnahmen zur neuen Unternehmensstrategie bereits gebracht haben – und noch bringen werden.

Herr Leitz, die vergangenen drei Jahre waren auch bei Faber-Castell stark von der Pandemie geprägt. Jetzt stehen die Zeichen auf Zukunft. Was planen Sie?

Es stimmt: Corona hat vorhandene Trends massiv beschleunigt, in jeglicher Hinsicht. Etwa, wie Verbraucherinnen und Verbraucher einkaufen, wie sie sich verhalten, was ihnen wirklich wichtig ist. Und auch uns hat die Pandemie verändert: Wir arbeiten jetzt viel globaler zusammen und nutzen somit das gesamte Know-how unseres Unternehmens. Von dieser Basis starten wir in die Zukunft. Wir haben die Zeit genutzt, die, richtigen strategischen Weichen zu stellen – und wir sind zurück im Wachstum.

Wie steht es um andere Bereiche, etwa um Energie, Emissionen oder um unsere Verpackungsmaterialien?

Wir können eine gute Bilanz ziehen, aber wir werden uns darauf nicht ausruhen. Beim Einsatz regenerativer Energien an den weltweiten Produktionsstandorten liegen wir bereits bei 87 Prozent, Tendenz steigend. Erreicht wurde dies vor allem durch selbstproduzierte Energie, etwa durch Solarenergie, aus Holzabfällen und Wasserkraft, aber auch durch Zukauf von Ökostrom.

 

Mit unserer eigenen FSC-zertifizierten Waldbewirtschaftung in Brasilien leistet Faber-Castell zudem einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Artenschutz. Zukünftig werden wir uns daher unter anderem auf Alleinstellungsmerkmale wie Wiederaufforstung und Biodiversität fokussieren. Unsere Erfolge und Ziele im Bereich Nachhaltigkeit kommunizieren wir auch in Richtung unserer Stakeholder. Zum Beispiel über unsere globale Awareness-Kampagne „Change needs creativity“.

 

Aber auch unsere Verpackungen überdenken/überarbeiten wir. Gerade in diesem Bereich tut sich viel: Wir haben zum Beispiel in Peru einen großen Teil von Plastik auf Karton umgestellt. Die neuen Verpackungen werden ausgesprochen gut von den Verbraucherinnen und Verbrauchern angenommen. Ein Beispiel, das in allen unseren Märkten Schule machen wird.

Wachstum: Was heißt das konkret für heute und künftig?

In unserem Geschäftsjahr 2022/2023 haben wir den zweithöchsten Umsatz der Unternehmensgeschichte erwirtschaftet. Die Märkte haben sich mit dem Ende der Covid-19-Einschränkungen größtenteils wieder erholt, so dass wir einen starken Umsatzanstieg verzeichnen konnten. Währungsbereinigt – also unter der Annahme stabiler Wechselkurse– betrug der Anstieg 19,9 %. Unsere beiden Geschäftsbereiche „Schreiben & Zeichnen“ und „Cosmetics“ trugen gleichermaßen zu diesen Wachstumsraten bei. Regional waren vor allem Lateinamerika und Asien/Pazifik die überproportionalen Umsatztreiber.

Man sieht: Unsere neue globale Unternehmensstrategie greift sehr gut – und das trotz einer angespannten Lage auf dem Beschaffungsmarkt und einer sinkenden Kaufkraft unserer Konsumentinnen und Konsumenten im Absatzmarkt. Wenngleich dieses Jahr durch die gestiegenen Kosten anspruchsvoll ist, so erwarten wir in den kommenden Jahren die Fortsetzung unseres Wachstumspfades.

Schließlich haben wir uns ehrgeizige Ziele gesetzt: In den nächsten fünf Jahre wollen wir stärker als der Markt wachsen und somit unsere Marktführerschaft in vielen Bereichen noch weiter ausbauen. Unsere Profitabilität möchten wir dabei kontinuierlich leicht steigern.



„Nachhaltigkeit ist für Faber-Castell eines der entscheidenden Themen: als Argument für unsere Produkte, als Beweis für unsere Innovationskraft, als Magnet für künftige Mitarbeitende. Innovation hat bei uns eine sehr lange Tradition – in der ökologischen wie in der sozialen Nachhaltigkeit.“


Stefan Leitz, Vorstandsvorsitzender


Das sind anspruchsvolle Ziele. Wie wollen Sie das erreichen?

Wir haben den großen Vorteil einer weltweiten Präsenz der Marke und globaler Markenbekanntheit. Wir werden unsere Synergien in der Gruppe optimal nutzen, und die Potenziale erschließen. Dies sind wichtige Bausteine unserer globalen Unternehmensstrategie.

Bei dieser Strategie handelt es sich um ein umfangreiches Wachstumsprogramm. Um was geht es genau?

Mit „ONE Faber-Castell – creating a colorful future” haben wir den Startschuss für den Aufbruch in die kommenden fünf Jahre gegeben. Das Programm basiert auf sieben strategischen Säulen. Diese globale Strategie haben wir mit Expertinnen und Experten aller Kontinente und Fachbereiche des Unternehmens entwickelt. Sozusagen „Von Faber-Castell – für Faber-Castell“. Das ist unser neuer Stil.


Was bedeutet das – ein „neuer Stil“?

Die Pandemie war ein Katalysator der internationalen Zusammenarbeit: Wir haben die Felder und die Maßnahmen zur Umsetzung zusammen mit rund 80 Mitarbeitenden innerhalb der weltweiten Faber-Castell-Gruppe entwickelt. Jede und jeder ist eine Expertin und ein Experte auf ihrem bzw. seinem Gebiet und konnte sich entsprechend einbringen. Diese internationale Zusammenarbeit zeigt unseren kulturellen Transformationsprozess, der in der Pandemie begonnen hat und sich fortsetzen wird: Ich möchte, dass alle Mitarbeitenden sich als wichtiger Teil dieser Entwicklung wahrnehmen und persönliche Beiträge zu unserem Erfolg leisten. Dann stimmt es wirklich: „We are One Faber-Castell”.


Und was genau sind die sieben strategischen Bausteine?

Sie sind unsere Erfolgspfeiler: People & Culture, Nachhaltigkeit , Sales & Channels, Brand & Innovation, Interne Digitalisierung, unsere Global Supply Chain sowie New Business. Darin steckt unser Potenzial.

Als weltweit agierendes Unternehmen etwa haben wir, wie eingangs erwähnt, gegenüber dem Wettbewerb viele Vorteile. So werden wir regionale Kräfte bündeln, um neue Potenziale in Fokusmärkten wie Asien und Lateinamerika zu erschließen. Zum Beispiel unsere Sortimente zu harmonisieren und besser zu vermarkten. Wir werden unser geballtes internationales Wissen nutzen, Innovationen und Dienstleistungen noch schneller auf den Markt zu bringen und unsere Produktion besser auslasten. Und ein wesentlicher Bestandteil aller strategischen Felder wird die Konsumentenzentrierung sein: Wir fragen uns künftig noch stärker „Was will der Kunde wirklich?“ und nicht „Was können wir ihm verkaufen?“



Welche strategischen Bausteine sind in Ihren Augen vorrangig?

Die strategischen Bereiche greifen ineinander. In der Kommunikation an die Mitarbeitenden haben wir das Symbol des Baumes verwendet: Unsere Wurzeln sind die Menschen, die interne Digitalisierung und die Verantwortung, die wir in der Nachhaltigkeit tragen. Der Stamm ist unsere Marke. Das Kapillarsystem, das den Baum mit Nährstoffen versorgt, ist unsere Supply Chain. Und die Äste sind unsere Vertriebskanäle und Märkte – mit den grünen jungen Trieben ist das New Business gemeint.

Deswegen spreche ich lieber von einer zeitlichen als von einer inhaltlichen Priorisierung. „People & Culture“ ist bereits gestartet; die Unternehmenskultur vollzieht eine gesteuerte Entwicklung, während wir gleichzeitig Regionalstrukturen mit Schlüsselkompetenzen wie Marketing und Vertrieb etablieren. Jährlich werden wir unsere erreichten Ziele messen und gegebenenfalls nachsteuern

Ein wichtiger Treiber für die Steigerung unserer Produktivität ist die „Internal Digitalisation“, an der wir auch heute schon arbeiten. Hinzu kommen weitere digitale Leuchtturmprojekte, die uns bei der Produktentwicklung, der Absatzplanung und bei der Verbesserung unserer globalen Prozesse deutliche Marktvorteile verschaffen werden. Hier sind die finalen Ziele im Geschäftsjahr 2025/26 gesteckt.


Gelten Ihre strategischen Vorgaben auch für Bereiche wie Faber-Castell Cosmetics, deren Geschäft anderen Gesetzmäßigkeiten folgt?

Selbstverständlich ist auch unser Kosmetik Geschäft ein Teil der ONE Faber-Castell. Im Bereich People & Culture streben wir zum Beispiel identische Vorgehenswiesen an wie Feedback- und Performancekultur. Auch Synergien zwischen S&Z und Kosmetik werden untersucht. Alle Unternehmensteile haben ihren Beitrag zu unserer Nachhaltigkeitszielen zu leisten. Gleichzeitig berücksichtigen wir gewisse Unterschiede zwischen Ländern und auch zum Kosmetikgeschäft. Faber-Castell Cosmetics hat diese in der Kosmetik-Strategie eingearbeitet, die sich jedoch auch der globalen Unternehmensstrategie ableitet.


Welche Zielmärkte haben Sie allgemein besonders ins Auge gefasst?

Wie jedes erfolgreiche internationale Unternehmen müssen auch wir einen starken Heimatmarkt sicherstellen. In Deutschland gelingt uns dies sehr erfolgreich. Auch Europa steht gut da und soll weiterwachsen. Latein-amerika ist als größte Region für die Gruppe extrem wichtig. Die größten Wachstumspotenziale sehen wir in Asien, insbesondere in den bevölkerungsreichen Ländern China und Indien. Darauf werden wir einen Schwerpunkt legen. Wir müssen jedoch neue Wege finden, wie wir die Märkte und Kanäle erschließen. Eine globale Sortimentsoptimierung und das Beschleunigen unserer Innovationsprozesse werden uns dabei helfen. Ebenso müssen wir in dem in vielen Ländern wachsenden Vertriebskanal Modern Trade sowie auch in E Commerce stärker wachsen. Rückenwind gibt uns auch unsere weltweit führenden Aktivitäten in Sachen Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit ist ein weiter Begriff …

… und für Faber-Castell einer der entscheidenden: als Argument für unsere Produkte, als Beweis für unsere Innovationskraft, als Magnet für künftige Generationen an Mitarbeitenden. Innovation hat bei uns eine sehr lange Tradition – nicht nur in der ökologischen, sondern auch in der sozialen Nachhaltigkeit.

„Unsere Wurzeln sind die Menschen und die Verantwortung, die wir in der Nachhaltigkeit tragen. Der Stamm ist unsere Marke. Das Kapillarsystem, das den Baum mit Nährstoffen versorgt, ist unsere Supply Chain. Und die Äste sind unsere Märkte – mit den grünen jungen Trieben als New Business.”


Stefan Leitz, Vorstandsvorsitzender


Das reicht bis ins vorvergangene Jahrhundert zurück.

Ein gutes Beispiel ist die 1874 errichtete siebenklassige Volksschule in Geroldsgrün. Mit Fortbildungsschule! Lothar von Faber realisierte die Schule auf eigene Kosten, inklusive der Lernmittel, die er den rund 200 Schülern unentgeltlich zur Verfügung stellte.

 

Oder, noch früher, im Jahr 1844, gründete Lothar von Faber eine Betriebskrankenkasse für die Belegschaft, die erste in der Region um Nürnberg, die erste in Bayern und eine der ältesten in Deutschland. Das war rund vierzig Jahre bevor Otto von Bismarck und die hohe Politik die Frage der Arbeiter- und Krankenversicherung per Gesetz verpflichtend regelten. Die Faber-Castell’sche BKK wurde zum Vorbild für viele andere Einrichtungen.

 

Also auch in dieser Hinsicht war Lothar von Faber ein Vorreiter. Eine Tradition wie diese verpflichtet. Mich erfüllt es mit Stolz, dass ich für ein so weitblickendes, nachhaltiges Unternehmen arbeite.


Zurück zur ökologischen Nachhaltigkeit: Sind wir da schon am Ziel?

Sicher noch nicht, aber auf einem sehr guten Weg. Wir nehmen weiter Fahrt auf. Zum Beispiel bei der Holzbeschaffung und der nachhaltigen Waldbewirtschaftung: Unsere mehrere tausend Hektar Wald in Brasilien verschaffen uns hier einen echten Wettbewerbsvorteil.

 

Mehr zu tun gibt es bei der Verwirklichung einer echten Kreislaufwirtschaft. Das muss das Ziel aller produzierenden Branchen sein. Faber-Castell ist da keine Ausnahme. Recycelte Kunststoffe stehen nach wie vor im Zentrum unserer Analysen und Entwicklungen. Jedoch ist die beständige Qualität geeigneter Recyclingrohstoffe recht begrenzt und enormen Preissteigerungen ausgesetzt. Dennoch können wir erste Erfolge verbuchen: Einige unserer Textmarkierer, etwa den Textliner Pastell – und bestimmte Hobby-Künstlerprodukte – wie den Goldfaber Aqua Dual Marker – produzieren wir zwischenzeitlich überwiegend auf Basis recycelter Kunststoffe.

Das Unternehmen geht also gestärkt aus der Pandemie hervor und steuert in erfolgreiche Jahre?

Wir sind die ersten sehr entscheidenden Schritte gegangen. Auch was die Markenwahrnehmung betrifft, haben wir viele neue Dinge angestoßen. Wir investieren viel mehr in die sozialen Medien als wir das vor Corona gemacht haben, nicht nur auf Facebook, sondern auch auf Instagram, LinkedIn oder YouTube. Wir waren als erste Marke der Branche auf TikTok und das mit sensationellen Ergebnissen: Nach kürzester Zeit hatten wir 150.000 Follower und Video-Aufrufe von bis zu sechs Millionen.

 

Außerdem wurden wir in die Top Ten der innovativsten und nachhaltigsten Familienunternehmen weltweit gewählt. Die Umfrage der WirtschaftsWoche und des Meinungsforschungsinstituts Innofact notiert uns auf Platz acht von 100 und zeigt damit, wie groß das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Marke Faber-Castell ist. Wir sind für sie so etwas wie ein Anker – gerade in Zeiten großer Unsicherheit und Volatilität.

 

Hier setzen wir an, mit unserem Wachstumsprogramm, mit unseren Ideen, mit unseren Investitionen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die hohen Ansprüche, die wir an uns setzen, auch erreichen. Das ist – und bleibt – weltweit unser erklärtes Ziel: Unleash your creativity! Wir werden eine wachsende Zahl Menschen inspirieren, kreativ zu werden.